Mixing mit analogen Komponenten
Gern setzte ich zur Optimierung einzelner Instrumente bzw. Spuren in einer Mixdown Session analoges Equipment ein.
So verwende ich beispielsweise einen Avalon Kompressor/Equalizer VT 747 für die Bearbeitung des Hauptgesangs.
Es ist in nahezu in jedem Falle notwendig, eine Vocal-Aufnahme zu komprimieren. Kleine Lautheitsunterschiede durch unterschiedliche Betonungen von Konsonanten und Vocalen, einzelne Worten oder ganzen Abschnitte einer Vocal Aufnahme werden durch das Komprimieren ausgeglichen. Darüber hinaus wird die Lautheit erhöht, um der Stimme im Playback mehr Durchsetzungekraft zu geben.
Das Gehäuse des Avalons beherbergt sowohl einen Kompressor, als auch einen grafischen Equalizer mit sechs Bändern..
Beide Komponenten weisen ein paar Spezifikationen auf, die das Gerät nahezu einmalig machen.
So gibt es für die Verstärkung des Kompressors zwei parallele Wege. Der eine ist mit Röhren bestückt, der andere mit einer Transistorschaltung versehen. Man hat die Wahl einfach per Knopfdruck. Der Unterschied ist je nach Pegel klein aber fein.
Des Weiteren besitzt der Kompressor neben den üblichen Reglern für Attack, Release, Ratio und Threshhold einen zwei bandigen, semiparametrischen Equalizer, der als Side -Chain verwendet werden kann. Damit können zwei Frequenzen gewählt werden, auf die der Kompressor ganz spezifisch reagiert. Mit diese Schaltung kann man den Kompressor beispielsweise als De-Esser verwenden, oder man kann damit sehr schön Bass-Resonanzen beseitigen.
Für die Bearbeitung der Stimme funktioniert dieses Gerät perfekt. Die sanfte Kompression,
gesteuert von dem Side-Chain Eq erhöht die Durchsetzungskraft der Vocals merklich und optimiert dabei gleichzeitig den Sound, da die störenden, überbetonten Frequenzen zielsicher reduziert werden. Die Röhrenschaltung des nachgeschalteten Verstärkers gibt dem Sound zusätzlich einen harmonischen, warmen Gesamtsound.
Der grafische Equalizer ist nicht dazu gedacht, um Probleme zu lösen, sondern er gibt einem Sound das Quentchen Schokostreusel auf die Sahnetorte. Die festen Frequenzen von 15 Hz am unteren Ende des Frequenzbandes und 32 KHz am oberen Ende das Frequenzbandes deuten schon darauf hin, dass es hier etwas "esoterisch" zur Sache geht. Wer allerdings denkt, bei 32 KHz tut sich nix mehr, weil diese Frequenzen nur noch von Fledermäusen hörbar sind, der hat sich geirrt. Mit diesem Fader kitzelt man die feinsten Obertöne hervor, ohne dass sie scharf dabei klingen. Ziel ist es, den Stimmensound am Ende des Tages richtig edel klingen zu lassen.
In einer Mixdown Session verwende ich analoges Equipment erst wenn der Mixdown prinzipiell steht. Es ist wichtig, zunächst eine Vorstellung des Gesamtsounds zu entwickeln. Diese Vorstellung wird mit zunehmender Auseinandersetzung mit dem Titel und den einzelnen Sounds immer konkreter. Erst wenn es an die Feinabstimmung der einzelnen Sounds geht, erwäge ich die Neuaufnahme analog bearbeiteter Sounds.
Ich route die entsprechende Spur auf einen separaten Ausgang meiner Audiokarte. An diesem Ausgang ist meine Mastering-Kette angeschlossen. Sie besteht aus dem besagten Avalon Kompressor, einem Avalon Equalizer AD 2055 und einem Tube-Tech Röhren Multibandkompressor SMC 2B. Digitalisiert wird das Signal am Ende dieser Kette in dem Waves Limiter WaveMaxx. Der Rückweg in die DAW funktioniert dann digital. Ich gebe den kompletten Mixdown inklusive der zu bearbeitenden Spur wieder und nehme sie gleichzeitig digital auf einer neuen Spur auf.
Nicht selten kommt es dabei zu einem kleinen Zeitversatz (Latenz). Diese Laufzeitverzögerung ist von der eingestellten Buffersize abhängig. Je nach dem, wie viele Spuren im Mix mit vielen Effekten belegt werden, muss diese Buffersize entsprechend groß gewählt werden, damit der Rechner einwandfrei arbeiten kann.
Die zeitlich etwas verzögerte Neuaufnahme kann aber im Nachhinein ganz einfach durch leichtes Verschieben der Spur ausgeglichen werden. Als optische Orientierung dient hier die originale Vocal-Spur. Mit Hilfe der Hüllkurvendarstellung kann man die die neue Spur exakt an die richtige Stelle setzen.
Ähnlich, wie ich den Hauptgesang bearbeitet habe, kann ich beispielsweise die Summe aller Chorspuren analog optimieren, oder einer Subgruppe die alle Drum Spuren beinhaltet den richtigen „Punch“ geben.
Je nach dem was für einen Gesamtsound ich anstrebe bzw. was für einen Charakter ein Titel bekommen soll, entsteht mit dieser Arbeitsweise ein Sound, der auf der rein digitalen Ebene mit Plus-Ins nicht zu erzielen ist.
Link zum Video: https://youtu.be/nZa9oj6SMec
Stefan Noltemeyer
E-Mail:stefan@human-mastering.com
Bild: Anton Ponomarev