Im Wald da singen die Vögel, im Studio springen die Pegel, oder was ist “Gain Staging”
Neulich habe ich einen Begriff für eine Tätigkeit gelernt, die ich schon seit 30 Jahren ausübe...
So ziemlich jede Maschine hat einen Arbeitsbereich, in dem sie am liebsten/besten arbeitet. Das ist beispielsweise bei dem Verbrennungsmotor ein Drehzahlbereich, in dem er seine Leistung am besten entfaltet.
In der analogen Audiotechnik ist der beste Arbeitsbereich eines Gerätes vom Pegel abhängig. Unterschreite ich Pegel führt das zu Rauschen. Ist der Pegel zu hoch, übersteuere ich das Signal. Das kann man beispielsweise bei einem Kompressor gut feststellen.
Nun ist die Spanne zwischen Rauschen und Verzerren je nach Gerät sehr unterschiedlich.
Bei einer analogen Bandmaschine ist diese Spanne relativ klein (ca. 20-30 dBu) . Unterschreite ich den Pegel, dann werde ich Bandrauschen und Verstärker Rauschen erhalten, übertreibe ich es mit dem Pegel, dann zerrt es. Wenn man also eine Aufnahme mit einer analogen Bandmaschine vornimmt, dann sollte man dafür Sorge tragen, dass der Eingangspegel sich in diesem guten Bereich bleibt.
Wichtige Aufgabe eines Toningenieurs ist es, all seine Maschinen so einzustellen, dass sie immer mit dem richtigen Pegel arbeiten. Das nennt man Gain Staging!
Eines der Vorzüge der digitalen Audiotechnik ist es, dass die Pegelspanne (Dynamik), mit der man arbeiten kann sehr groß ist (ca. 90 dBu). Der Grund dafür liegt darin, dass Digitaltechnik nahezu nicht rauscht. Man erhält also kein zusätzliches Verstärker Rauschen, wenn man ein Signal mit -40 dB aufnimmt. Nach der Aufnahme kann man das Signal einfach "normalisieren" (Dabei wird das Level des Signals so angehoben, dass die lauteste Stelle 0 dBFS erhält) und man erhält ein Signal, das nicht mehr Rauschen enthält, als ein Signal, dass erheblich lauter aufgenommen worden wäre.
Das bedeutet: In der digitalen Audiowelt muss man beim Gain Staging nur darauf achten, dass der Gesamtpegel nicht zu hoch wird bzw. übersteuert.
Ein klassische Situation, in der Übersteuerungen passieren könnte ist der Mixdown eines Musiktitels. Beim Mixdown wird der Pegel einzelner Spuren/Instrumente zusammen geführt also addiert. Das kann dazu führen, dass die Summe aller Pegel das Level von 0 dBFS übersteigt.
Digitale Anzeigeinstrumente geben leider keine Auskunft darüber, wie hoch ein Pegel übersteuert ist. Lediglich eine rote Anzeige macht darauf aufmerksam.
Ein Limiter im Summenkanal schützt vor Übersteuerung nicht, denn er würde zwar dafür sorgen, dass die rote Lampe nicht an geht, aber am Eingang des Limiters bleibt der Pegel zu hoch.
Auch innerhalb eines Kanalzuges kann kann es durch die Verwendung mehrerer Plug-Ins zu Übersteuerung kommen. Verwendet man beispielsweise einen Equalizer, mit dem man eine ausgewählte Frequenz stark verstärkt, dann kann es am Eingang des nächsten Plug-Ins zur Übersteuerung kommen. Tückisch ist dabei, dass das sehr leicht unbemerkt bleibt.
Einzelheiten zum Thema: “Pegelverhältnisse im Mixdown” in meinem Blog unter: https://www.human-mastering.com/stefans-blog/pegelverhaeltnisse-im-mixdown
Ich werde zum Thema zum Thema Übersteuerung bzw. Distortion einen weiteren Artikel verfassen.